Rotkäppchen spricht - ein Künstlerbuch mit Bildern von Julia Kneise

und Texten von Siegfried Nucke


Entstanden ist das Buch im Frühjahr 2022 als Begleitbuch für die Ausstellung "Rotkäppchen spricht" von Julia Kneise im Erfurter Haus Dacheröden.
Gestaltet wurde es von Roy Müller, der zusammen mit Julia Kneise die Auswahl der Bilder übernommen hat.

Die Texte zu den Bildern und das Vorwort schrieb Siegfried Nucke.

Dieses besondere Buch ist ein Privatdruck, zunächst nur für die Ausstellung gedacht. Jetzt kann es nur über den Verlag Tasten & Typen bezogen werden.


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Rezensionen zum Buch

Julia Kulewatz über «Rotkäppchen spricht»  (12. Oktober 2023)

«Schau mich an! Ich bin stark. Lass mich gehen, auch wenn es Euch das Herz zerreißt. Niemals bin ich allein.»

Im Oktober beginnen wir auf das Jahr zurückzublicken, dankbar zu sein, für das, was wir geerntet haben. Wir schwelgen in den letzten Sonnentagen, die uns der Goldene beschert. So manchem erscheint die Sonne wie eine goldene Kugel, während wir an Schneewittchens rotbackigen Apfel denken und genüsslich in die eigenen beißen. Die Zeit für abendliche Märchen kommt mit dem Untergehen der Sonne, mit der Dunkelheit, sie leitet das Jahresende ein, das sich neigt.
Mit «Rotkäppchen spricht» stellen die bildende Künstlerin, Julia Kneise, und Verleger und Autor Siegfried Nucke die Frage, was uns vom Märchen bleibt,  wenn alles vermeintlich Bekannte verwischt? Julia Kneises Malereien antworten uns, manchmal, meistens, ab und an, dann doch wieder nicht. Das kommt ganz auf die Lesart und das Schauen an. Fragen wir Siegfried Nucke, der die Texte zu den märchenhaft verworrenen Malereien der im thüringischen Eisenach geborenen Julia Kneise beigesteuert hat, so erfahren wir, dass Rotkäppchen sich emanzipiert hat, zu einer alten Weisen ist sie schließlich geworden, selbst eine Erzählerin: «Rotkäppchen spricht». Nucke beschreibt die stärksten Bildaussagen der Künstlerin, die er seit ihren Kindertagen kennt, als Momentaufnahme, direkt vor dem Kipp-Punkt. Alles ist offen, Glück und Grauen, Geburt oder Tod. «Kann es Rettung geben?», fragen wir das zurückgekehrte Rotkäppchen auch noch nach all den Jahren. Wir befinden uns in einer Atempause, halten mitten im Erzählen inne. Lauschen dem Oktoberwind. Ein Apfel fällt. Das Einhorn, welches unter dem Baum geschlafen hat, schaut uns an. Gleich erhebt es sich. Noch sind wir im Bilde: «Gestatten wir dem Einhorn, ermattet und bar jeder Hoffnung unter Weiden zu liegen. Es ist nur ausgezehrt von all den Erwartungen und Wünschen, die auf das Einhorn gerichtet wurden», rät uns der Begleittext im Buch, ganz, ohne uns an die Hand zu nehmen. Wir hoffen, dass Rotkäppchen uns nun endlich führen wird. Schließlich ist sie eine Zurückgekehrte, eine Überlebende, eine Verwandelte und damit Wissende.
Betrachten wir die Bilder in diesem ungewöhnlichen, sich selbst übersteigenden Märchenbuch, so sehen wir, wie bereits der junge Rehbock wehmütig zurückblickt auf die Tage seiner Geburt. Erst der Text zeigt uns, das ist kein Rehbock, es ist das Brüderchen, das aus der falschen Quelle trank, weil es nicht vor Durst umkommen wollte (Brüderchen und Schwesterchen. Grimms Märchen. Acryl, Pigment auf Leinwand. 2021. 40 x 53 cm). Dem Gesicht des weißen Kaninchens ist nicht zu trauen, alle Unschuld scheint verloren, vermag es doch meisterlich «lügenhaft zu erzählen» (Der Hase und der Igel. Grimms Märchen. Acryl, Pigment auf Leinwand. 2020. 105 x 70 cm). Schatten werfen sich überlebensgroß vorausdeutend hinter dem kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzern an die Wand (Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern. H. C. Andersen. Graphit auf Pappe. 2016.  50 x 65 cm). «Heißa, rief er, heißa! Ich bin der Drache über den Meeren, Eins mit den Winden, Hoch über dem Grün, Nichts kann mich halten. Vergiss mich nicht, bat es leise vom Grund» (Butt. Der Fischer und seine Frau. Grimms Märchen. Acryl, Pigment auf Leinwand. 2019. 83 x 126 cm). Im Schatten von «Taubenflug» wird Aschenputtel selbst zur Taube, eine von ihnen breitet sie die Arme nicht nur zum Füttern, sondern zum Fliegen aus: «Ist das Wahrheit, fragte einer. Was siehst du, fragte eine andere» (Taubenflug. Aschenputtel. Grimms Märchen. Acryl, Pigment auf Leinwand. 2021. 84 x 95 cm). Es bleiben Tauben und ein Schuh zurück, alles in ein blau-graues Schwarzlicht getaucht. Das Mädchen aber ist hinter den Bildern verschwunden. «Siehst du die Farbe der Furcht an der Wand, fragte das Mädchen» (Blut ist im Schuck. Aschenputtel. Grimms Märchen. Acryl, Öl auf Leinwand. 2020. 97 x 74 cm).
Rotkäppchen spricht vermengt das alte, deutbare Märchen und seine finsteren Elemente mit dem Schimmern möglicher Zukünfte, die das Wissen tragen, als seien sie unbestimmbare goldene Kugeln unbekannter Herkunft, wie Oktoberäpfel und ein erstes Zurückblicken des jungen Rehbockes auf den Tag seiner Geburt: «Auf einem Bild von Julia Kneise trägt eine ältere Frau eine Kugel unbekannter Herkunft. Trägt sie schwer an dieser Kugel? Wir wissen es nicht. Wohin führt sie ihr Weg? Wir wissen es nicht. Blicken wir weit zurück oder geschah es gestern? Wir wissen es nicht. Wir sehen eine alte Frau in einem Universum weniger Farben.»
«Rotkäppchen spricht» erschien 2022, herausgegeben von der Künstlerin Julia Kneise mit Texten des Autors und Verlegers Siegfried Nucke in einer Auflage von 500 Exemplaren. Mehr zu Künstlerin und Autor unter:  www.julia-kneise.de  und www.verlag-tasten-und-typen.de.

Julia Kulewatz ist studierte Literaturwissenschaftlerin, unabhängige Verlegerin und Autorin im Herzen Deutschlands. Ihr besonderes Augenmerk gilt der unabhängigen Verlagsarbeit und Buchlandschaft. Sie unterrichtet kreatives Schreiben und löst Schreibblockaden an Universitäten und anderen Einrichtungen. (12.10.23)

Quelle:  https://www.qultur.ch/artikel/rotkaeppchen-spricht?fbclid=IwAR2wLioy6R2TQYyxkAvGMrM6ueeMh3i6bem4uXFn7HGS8r1u2RLROwCD2Qs 


Petra Elsner über "Rotkäppchen spricht“ (Dezember 2022)

Im Flüsterton spricht mich dieses wunderschöne Buch an. Es war der Begleitband zu der Ausstellung „Rotkäppchen spricht“, die letzten Sommer Märchenbilder von Julia Kneise im Erfurter Haus Dacheröden präsentierte.
Jetzt steht es für sich und das kann es auch, das sinnliche, sinnreiche Buch, das von der Stimmung und dem verborgenen Moment hinter der Geschichte erzählt, denn es berührt Herzen.
Immer wieder verschoben, aus hinlänglich bekannten Gründen, verschaffte Corona dem Autor und Verleger Siegfried Nucke Zeit und Zugang, diese Worte für das Gemeinschaftsprojekt zu finden. Nucke nimmt bruchhaft den Märchenfaden aus Grimms- und Andersen-Texte auf und assoziiert zu der Spannung des bildhaften Moments, den Kneise einfriert. Die feinsinnige, safte, aber auch eindringlich-distanzierte Malerei, die nach der Zeit für Märchen sucht, tritt mit Tiefgang, Romantik und Poesie gegen die Inflation der Bilder an. Der Autor stimmt sich ein in diese rätselhafte Reise - ein Zweiklang von lyrischer Schönheit entstand, der mit Subtexten den Augenschein lichtet. „Julia Kneises Rotkäppchen blickt uns an, unschuldig und wissend: ‚Schau mich an! Ich bin stark. Lass mich gehen, auch wenn es dir das Herz zerreißt. Niemals bin ich allein.“, schreibt Nucke in seinem Text zum Geleit. Das gilt auch für dieses starke Buch, in der Welt, um zu verzaubern. (pe)


Mario Kluge: Rotkäppchen sucht das Happy End (16. September 2023)

Das Buch "Rotkäppchen spricht" zeigt Bilder Julia Kneises. Die Malerin ist dafür tief in den Märchenwald gegangen und ins Unbewusste. Kneise hält die Momente fest, wo noch alles möglich scheint.
Auf die Bilder der Erfurter Malerin Julia Kneise, Jahrgang 1985, bin ich durch Zufall gestoßen. Im Schloss Molsdorf wollte ich dem lotternden Grafen Gotter nachspüren – ein Diplomat, Lebemann und Tausendsassa des 18. Jahrhunderts. 

Auch das war interessant, aber gepackt hat mich dann eine andere Ausstellung: Rotkäppchen spricht. Sie ist mittlerweile beendet. Und lebt, wie es sich für Märchen gehört, im gleichnamigen Buch fort, zu dem Siegfried Nucke das kundige Vorwort und hier und da Verse als Ergänzung und Kontrast beigetragen hat.

"Brüderchen und Schwesterchen", Acryl, Pigment auf Leinwand, 2016, 100 x 145 cm
Und so sieht es mich jetzt aus dem Buch an, das Schwesterchen. Elegant und ernst. Vielleicht kennt sie ihr eigenes Märchen nicht und weiß nicht, dass sie einst vom Tode aufersteht, dass die böse Stiefmutter-Hexe verbrannt und das Brüderchen Reh wieder zum Menschen wird an ihrer Seite und an der des Königs, ihres Gemahls. Oder sie weiß es.
Das Däumelinchen im Bild "Tulpengroß" wirkt wie eine junge Frau aus dem Hier und Jetzt, die vielleicht gerade mit skeptischer Höflichkeit und leiser Belustigung ihr Date im Café am Anger betrachtet. Und Rotkäppchen geht nicht nur einsam und klein durch einen dunklen Wald. Auf einem anderen Bild blickt sie uns groß ins Gesicht, ein bisschen neugierig, ein bisschen bange, wie ein Kind guckt, wenn der Fotograf da ist oder in gehobenen Kreisen der Porträtmaler. Für Gold und Pech werden Gold- und Pechmarie zu einer Figur; winners and losers, which one will you be today?
Immer wieder rückt Kneise Tiere ins Bild, angedeutet wie in Aschenputtels Taubenflug oder als Rehbock, Eule, Rabe, Wolf, Einhorn, die in ihrer deutlichen Ausführung an anatomische Studien erinnern.

"dann leben sie noch heute", Collage, Mischtechnik, 2021, 35 x 44 cm
Direkt ins Herz trifft "dann leben sie noch heute". Aus einem grünblauen Hintergrund tritt fast plastisch ein Brautpaar hervor und hält sich an der Hand.  Sie blickt versonnen nach vorn in die Zukunft, die so ausfällt oder anders. Er betrachtet sie von der Seite in Liebe, Stolz, Unsicherheit. Möge ihr gemeinsames Leben gelingen!

Meine Vorlieben in der Malerei sind eklektizistisch. Hier die Impressionisten, denen die Kunst Kneises insofern verwandt ist, als auch sie den Moment einfängt. Da ein wenig Abstraktes, dort amerikanische Café-Einsamkeit oder russischer Avantgarde-Optimismus. Wenige Bilder berühren mich so wie die Julia Kneises. Ihre Zeichnungen und Gemälde halten die Zeit an, zwischen Verhängnis und Verheißung. Sie rühren an unsere verborgenen Ängste und an unsere heimlichen Hoffnungen. Ist es nicht das, was große Kunst auszeichnet?
Wir wollen berührt sein, verwirrt, verzaubert. Und wem das gelingt, vor dem verneigen wir uns.

Das Buch ist über den „Verlag Tasten und Typen” erhältlich und nur dort bestellbar. Es hat 104 Seiten und kostet 25 Euro.

Quelle:  https://wp.stimmederddr.de/wp3/?p=4615